Erfolgsmessung von Investitionen in die Industrie 4.0
Die Industrie 4.0 bietet gerade für den Mittelstand viele Möglichkeiten, die Effizienz seiner Produktion zu steigern. Die Auswahl an Lösungen ist groß und wer möchte, kann in seinem Betrieb nahezu jeden Bereich digitalisieren. Schnell wird jedoch klar, dass es in der Produktion eine Grenze für die sinnvolle Digitalisierung gibt: Irgendwann werden die Abläufe kaum noch besser, aber der Aufwand für die neue Lösung steigt weiterhin. Neben der praktischen Umsetzung stellt sich auch die Frage nach der finanziellen Sinnhaftigkeit. Wie entscheidet man, was die beste Investition ist?
Bewerten heißt Vergleichen
Traditionelle finanzmathematische Methoden sind gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen nicht besonders aussagekräftig. Als Beispiel: Die Barwertmethode, die die Geldströme einer Investition auf den heutigen Zeitpunkt abzinst, hängt sehr von den Annahmen zum geeigneten Zins für Fremd- und Eigenkapital ab. Aber haben gerade inhabergeführte Unternehmen wirklich immer eine feste Vorstellung von den Eigenkapitalkosten?
Doch ein Finanzgrundsatz lässt sich sehr wohl übertragen: Bewerten heißt Vergleichen. Wer eine Investition bewerten will, muss sie vergleichen – entweder mit der Ist-Situation oder mit alternativen Investitionen.
In der Fertigung zählen die Material- und Fertigungskosten, sowie die eingesetzten Arbeitsstunden (die sich auch mit einem Stundensatz bewerten lassen). Diese Kosten sollen gesenkt oder bei gleichbleibenden Kosten soll der Ertrag gesteigert werden. Für Investitionen in die Industrie 4.0 stellt sich somit die Frage: Wie schnell amortisiert sich das?
Vor der Entscheidung
Der wichtigste Vergleich einer geplanten Investition ist mit der Ist-Situation, um zu erkennen, welche Einsparungen an Kosten und Zeit möglich sind. Die Herausforderung liegt darin, den aktuellen Stand möglich genau zu erfassen. Um sich nicht in kalkulatorischen Kostenverteilungen zu verlieren, bietet es sich an, den Einsatzbereich für die Investition klar zu bestimmen: Ist es eine bestimmte Produktionslinie oder ein bestimmtes Werk? Eine Messung auf Ebene der einzelnen Maschine oder des einzelnen Werkteils wird oft durch die Verteilung von Gemeinkosten ungenau.
Bei der Erfassung der Kosten der Investitionsmöglichkeiten gilt es, folgende Bereiche zu berücksichtigen:
- Software: Monatliche Nutzungsgebühr oder einmalige Lizenzkosten mit monatlichen Wartungskosten
- Hardware: IoT-Geräte, Tablets, Computer, Server, Netzwerk
- Maschinen: Nachrüstung oder Neuanschaffung
- Projekt: Beratertage für die Einführung und fortlaufende Betreuung sowie Zeitaufwand der eigenen Mitarbeiter
- Schulung: Kosten für Trainer und Zeitaufwand der Mitarbeiter, womöglich auch bei späteren Neueinstellungen
Ein Teil dieser Kosten fällt einmalig an (z.B. Lizenz- oder Einführungskosten), ein anderer Teil fällt wiederkehrend an (z.B. monatliche Nutzungsgebühr oder Wartungskosten). Den Kosten stehen die Vorteile gegenüber, die die Industrie 4.0 verspricht:
- Eingesparte Arbeitsstunden (bewertet mit Stundensatz)
- Weniger Ausschuss
- Höhere Auslastung der Maschinen
- Geringere Rüstzeiten und geringerer Stillstand durch Wartung
- Bessere Entscheidungen durch mehr Transparenz
Die Vorteile müssen für die Investition möglichst in Zahlen ausgedrückt werden. Ansonsten verfällt man leicht in den diffusen Glauben, dass „alles etwas besser wird.“ Falls man keine Erfahrungswerte hat, kann man auch plausible Annahmen treffen, z.B. dass der Ausschuss um 5% sinkt. Diese Euro-Werte, die die Investition als Vorteil verspricht, müssen mit den Kosten der Investition verrechnet werden. Die Vorteile sind i.d.R. fortlaufend, sodass sie gegen die fortlaufenden Kosten gerechnet werden. Dann ergibt sich (hoffentlich) ein monatlich positiver Betrag. Dieser amortisiert dann die Einmalkosten.
Für den Vergleich von Investitionen ergeben sich also zwei Fragen:
Welche Investition verspricht die größte fortlaufende Ersparnis?
Welche Investition amortisiert sich am schnellsten?
Nach der Entscheidung
Mit der begründeten Entscheidung für die finanziell sinnvollste Investition steht dem Industrie 4.0 Projekt nichts mehr im Weg. Ein häufiger Fehler bei vielen IT-Projekten ist jedoch, dass die tatsächlichen Ersparnisse nicht nachgehalten werden. Man erkennt zwar deutlich, wenn das Einführungsprojekt zu lange gedauert hat oder zu teuer wurde, aber die fortlaufenden Vorteile sind meistens mühsamer zu erfassen.
Jedoch hängt davon der finanzielle Erfolg ab: Falls die Vorteile nicht in der erwarteten Höhe eintreten, amortisiert sich das Projekt auch später. Um rechtzeitig gegensteuern zu können, ist es wichtig, die tatsächlichen Kosten nach der Einführung zu betrachten. Wenn die Lösung flexibel genug ist, kann sie sich anpassen, auch wenn die ursprünglichen Annahmen nicht ganz genau so eingetroffen sind oder sich die Anforderungen der Produktion im Zeitverlauf ändern. Mit der Einführung bestimmt man den Großteil der Kosten, aber das Geld verdient man erst mit der Zeit.
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